Was hat Yoga mit Meditation zu tun?
Fragte mich jemand auf Twitter. Er reagierte damit auf einen Artikel über positive Auswirkungen von Meditation und Yoga, den ich teilte.
Auch im "normalen" Leben höre ich manchmal, jemand hätte, zusätzlich zum Yoga, nun "auch mit Meditation begonnen".
Demnach scheinen manche Menschen Yoga und Meditation voneinander zu trennen.
Sind die beiden Konzepte tatsächlich so weit voneinander entfernt?
Eine Einordnung.
Vom Glück
Unser Gehirn neigt von Natur aus dazu, unsere Gedanken abwandern zu lassen. Es veranstaltet manchmal einen regelrechten "Affenzirkus".
Mit circa 50% unserer Zeit sind wir nicht wirklich bei dem, was wir gerade tun, so eine Studie aus Boston (Killingsworth und Gilbert, 2010).
Stattdessen verschwenden wir viel Zeit damit, uns auszumalen, was in der Zukunft sein könnte. Wir sorgen uns beispielsweise darüber, dass unser Chef morgen etwas Unangenehmes mit uns vorhaben könnte, oder wir grübeln über Vergangenes nach.
Wir tun das, obwohl wir wissen, dass wir an der Vergangenheit nichts mehr ändern können und dass Gedanken an die Zukunft Spekulationen sind. Wir brauchen diese Fähigkeit unseres Gehirns, Szenarien durchzuspielen, u.a., um uns anzupassen und um aus Erlebtem zu lernen.
Nimmt unser gedankliches Abwandern jedoch überhand, z.B. wenn wir gestresst oder permanent in Zeitnot sind, dann läuft das Ganze als eine Art Autopilot ab. Dieses Karussell lässt sich nur noch schwer stoppen: wir hören nicht mehr auf zu grübeln.
Auf Dauer macht uns das unzufrieden, unglücklich und krank.
Am zufriedensten und am glücklichsten sind wir hingegen, so die obige Studie weiter, wenn wir tatsächlich aufmerksam und präsent bei der einen Sache sind, die wir gerade tun.
Sogar wenn uns die Tätigkeit, mit der wir uns grade beschäftigen, wenig Spaß macht (z.B. wenn wir putzen, bügeln, aufräumen ...) sind wir deutlich zufriedener, wenn wir sie mit präsenter Aufmerksamkeit tun.
Raus aus dem Hamsterrad der Gedanken
Wenn das so ist, wie schaffen wir es, Grübeleien als solche zu erkennen, uns weniger von ihnen ablenken zu lassen und uns stattdessen unserer Gegenwart zuzuwenden?
Zunächst müssen wir uns Zeit geben - Zeit, die es uns ermöglicht, uns uns selbst zuzuwenden, und Zeit, das Ganze regelmässig zu üben.
Betrachten wir die in Europa und USA recht bekannte Achtsamkeits - Meditation.
Ihr erstes Thema ist auch gleichzeitig die erste Herausforderung: unsere Aufmerksamkeit.
Wir üben beim Meditieren aufmerksam für uns, unseren Körper, unseren Geist und unsere Gefühle zu sein.
Dabei wenden wir uns immer wieder unserer Atmung zu. Jeder unserer Atemzüge passiert im Hier und Jetzt - also in unserer ureigensten Gegenwart.
Während der Meditation betrachten wir unsere aufkommenden Gedanken ein wenig wie "von aussen":
wir üben, zu bemerken, dass unser Gehirn sie erzeugt, dass wir uns ihnen zuwenden können und dass wir sie auch wieder verabschieden können.
Machen wir das regelmäßig, so lernen und üben wir nach und nach, uns mehr und mehr auf den Augenblick zu konzentrieren. Wir wissen zudem, dass Abschweifen dabei normal und völlig in Ordnung ist.
Im Ergebnis kommen wir in Kontakt mit uns, lernen uns selbst besser zu verstehen und werden klarer.
Ganz ähnliche Resultate beobachten wir auch mit der traditionellen Yogapraxis.
Dass das so ist, liegt am Yoga selbst.
Yoga
Betrachten wir die vier großen Bereiche des traditionellen Yoga:
- Asanas, die unterschiedlichen Yoga - Haltungen, anhand derer wir üben und lernen, mit unserem Körper gut umzugehen.
- Pranayama - unser Umgang mit unserer Atmung.
- Unser Umgang mit unseren Sinnesorganen.
- Den Einsatz unserer Aufmerksamkeit (oder Konzentration).
Interessant ist, dass wir im Yoga die einzelnen Aspekte nicht unbedingt als Stufen ansehen - im Sinne eines chronologischen Vorankommens. Während der traditionellen Yogapraxis sind letztendlich immer alle vier Aspekte involviert.
Eine Yoga Übung gilt dann als gelungen, wenn wir:
- uns auf diejenigen Körperregionen konzentrieren, deren gesunde Funktion wir jetzt erleben und üben möchten.
- dabei frei atmen.
- unsere Sinne mit einer passenden Intensität einsetzen und unsere Wahrnehmung nach innen richten.
- bemerken, wenn gedankliches Abschweifen passiert und darauf reagieren.
Vor allem interessieren wir uns dafür, was wir in jedem Moment, während eines jeden Atemzuges, in der Yoga - Haltung wahrnehmen. Wir sind präsent, aufmerksam. Das heißt, wir erleben im Ergebnis eine Meditation.
Vielen von uns hilft das Einnehmen einer Yogahaltung dabei, ihre Konzentration zu bündeln.
Manche Yoga Übende machen beispielsweise die Erfahrung, dass sie in Shavasana ("Liegen ohne Einzuschlafen"), am Schluss einer Yogastunde, mehr Unruhe im Geist erleben, als zuvor in anderen, aktiveren Yogahaltungen.
Manche sagen auch, Meditation "pur", ohne die Aufgabe, eine Yoga - Haltung einzunehmen, sei für sie herausfordernder, weil es dort "nichts zu tun" gibt.
Wie auch immer wir ein solches Vorgehen individuell wahrnehmen, sein Resultat beinhaltet letztendlich meditative Eigenschaften und Qualitäten.
Exkurs: Sitzhaltung
Zum Meditieren wünschen wir uns eine stabile und gleichzeitig eine entspannte Sitzposition.
Viele Sitz - Asanas werden jedoch anfangs oft als eher schwierig empfunden.
Optimal auf das Sitzen vorbereiten können wir uns durch regelmässiges Üben der klassischen Steh - Haltungen des Yoga.
Ansonsten ist selbstverständlich jede angenehme Haltung erlaubt, auch z.B. aufrechtes Sitzen auf einem Stuhl oder Liegen.
Viel Freude beim Üben!
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